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Raumplanung als Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung

Die Raumplanung leistet einen wesentlichen Beitrag an eine hohe Lebensqualität der Bevölkerung. Sie sichert gute Standortvoraussetzungen für die Wirtschaft und trägt zum Schutz von Natur und Umwelt bei. Dabei steht sie im Spannungsfeld widerstrebender Interessen. Das Ziel ist, mit guter Raumplanung eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.

Als übergeordnete raumplanerische Leitlinie gilt die Siedlungsentwicklung nach innen. Sie ist Herausforderung und Chance in einem: Der Kanton Bern will die räumliche Entwicklung in das bereits weitgehend bebaute Gebiet lenken. Das bestehende Siedlungsgebiet soll optimal genutzt und die Zersiedelung gestoppt werden. Dafür muss das Verdichtungspotenzial gezielt ausgeschöpft werden. Baulücken sind zu schliessen und unüberbaute oder unternutzte Bauzonen sind verfügbar zu machen. Gewachsene Siedlungen und Dorfkerne sollen unter Berücksichtigung der identitätsstiftenden Baukultur erneuert werden. Die Landschaft soll nachhaltig entwickelt werden, damit hohe Lebens- und Umweltqualität ebenso erreicht werden wie gute räumliche Voraussetzungen für die Wirtschaft.

Mit der Direktionsreform stehen seit 2020 wesentliche bodenrelevante Themen in der Verantwortung der DIJ: Grundbuch, Raumplanung und Geoinformationen.

  • Grundlagen zur Siedlungsentwicklung nach innen

Bilanz

Von der Zersiedelung zur Siedlungsentwicklung nach innen – ein erfolgreicher Paradigmenwechsel

Im Jahr 2014 trat das revidierte nationale Raumplanungsgesetz in Kraft. Dies zog eine umfassende Revision des kantonalen Richtplans und der kantonalen Baugesetzgebung nach sich. Die Umsetzung der teilweise verschärften rechtlichen Vorgaben stellt eine grosse Herausforderung dar, denn oft treffen gegenläufige Interessen aufeinander. Der Wunsch nach weiterer Entwicklung ist nicht immer mit den strengeren Gesetzen zu vereinbaren, welche die Ausdehnung des Siedlungsgebietes begrenzen. Im ländlichen Raum sind die neuen Regeln noch nicht überall akzeptiert. Im städtischen Raum und in den Agglomerationen ist die Siedlungsentwicklung nach innen sachlich, rechtlich und politisch anspruchsvoll, weil Ziel- und Interessenkonflikte bestehen.

Die Umsetzung des revidierten Raumplanungsgesetzes ist eine Langfristaufgabe. Die aktuelle Bilanz ist positiv: Der Kanton Bern hat den Paradigmenwechsel von der Zersiedelung zur Siedlungsentwicklung nach innen bislang gut gemeistert. Definitive Neueinzonungen von Bauland sind selten geworden. Die Einzonungen sind von jährlich rund 75 Hektaren (Zeit vor der Raumplanungsgesetzrevision) auf Werte zwischen 5 Hektaren (2018) und 0 Hektaren (2019) bzw. 3 ha (2020) gesunken. Die Siedlungsausweitung wurde wirksam gebremst.

Kontaktgremium Planung: Für speditivere und partnerschaftlichere Raumplanungsverfahren

Die Siedlungsentwicklung nach innen führt zu komplexeren und aufwändigeren Planungsverfahren. Das Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) muss ausserordentlich viele Vorprüfungen und Genehmigungsverfahren kommunaler Ortsplanungen bearbeiten. Die hohe Geschäftslast führt zu Verzögerungen. Aus Sicht vieler Gemeinden dauern Vorprüfungen und Genehmigungen von Planungsgeschäften zu lang. Manche sehen ihren Handlungsspielraum als zu stark eingeschränkt.

Raumplanung soll - trotz strenger Regeln - sinnvolle Entwicklungen vorantreiben und nicht behindern. Deshalb setzten die DIJ und der Verband Bernischer Gemeinden (VBG) im Sommer 2019 gemeinsam das paritätisch zusammengesetzte «Kontaktgremium Planung» unter dem Vorsitz von Regierungsrätin Evi Allemann ein. Im partnerschaftlichen Dialog suchen Kanton und Gemeinden Wege, um Verfahren zu vereinfachen, zu beschleunigen und den Gemeinden mehr Handlungsspielräume einzuräumen.

Ende 2020 hat das Gremium erste Massnahmen zur Optimierung der Vorprüfungsverfahren für kommunale Nutzungsplanungen vorgestellt. Zum Teil werden sie bereits im Rahmen von Praxisanpassungen umgesetzt. Für bestimmte Massnahmen muss das Gesetz angepasst werden. Die dafür nötige Baugesetzänderung hat die DIJ 2021 in die Vernehmlassung geschickt: Mit dem obligatorischen Startgespräch sollen Planungsverfahren von Beginn an möglichst zielführend aufgegleist werden. Zudem sollen Gemeinden künftig den ersten Teil des Vorprüfungsverfahrens, nämlich das Einholen und Verarbeiten der Amts- und Fachberichte, auf Wunsch selber durchführen können. Damit sollen die Planungsverfahren speditiver und das Vorprüfungsverfahren partnerschaftlicher werden. Gleichzeitig wird der Handlungsspielraum der Gemeinden erweitert. Die Baugesetzänderung geht voraussichtlich in der zweiten Hälfte 2022 an den Grossen Rat.

Revision Baugesetz betreffend Mehrwertabschöpfung

Die Bestimmungen im bernischen Baugesetz zum Ausgleich von Planungsvorteilen (sog. Mehrwertabschöpfung) wurden aufgrund von parlamentarischen Vorstössen 2019 angepasst: Das Baugesetz beschränkt sich nun auf die abschliessende Regelung der bundesrechtlich zwingend vorgeschriebenen Mehrwertabschöpfung bei Einzonungen und die im Interesse der Rechtssicherheit gebotenen Verfahrens- und Formvorschriften. Die Gemeinden behalten dabei den grösstmöglichen Handlungsspielraum. Diese Änderung des Baugesetzes ist am 1. März 2020 in Kraft getreten.

Entwicklungsschwerpunkte (ESP) und Strategische Arbeitszonen (SAZ)

Arbeitsplätze konzentriert an besonders geeigneten Standorten ansiedeln: Das ist das Ziel des Programms der wirtschaftlichen Entwicklungsschwerpunkte (ESP-Programm), welches der Kanton Bern vor 30 Jahren gestartet hat. Das ESP-Programm ist Teil der Wirtschaftsstrategie des Kantons Bern und ein wesentlicher Eckpfeiler seiner räumlichen und wirtschaftlichen Entwicklung. In den letzten Jahren wurden die Standortentwicklungen in den ESP stark vorangetrieben.

Zusätzlich zu den ESP kennt der Kanton Bern das Instrument der Strategischen Arbeitszonen (SAZ). Das Ziel ist, an einzelnen strategisch ausgewählten Standorten im Kanton Bern grössere zusammenhängende Flächen für die Ansiedlung von bedeutenden Firmen planerisch soweit bereitzustellen, dass sie bei Bedarf innerhalb von wenigen Monaten baureif sind. Die Erfahrung zeigt, dass die rasche Verfügbarkeit eines Grundstücks eine wichtige Voraussetzung für den Standortentscheid von Unternehmen darstellt.

Sowohl die Entwicklungsschwerpunkte wie die Strategischen Arbeitszonen sind wichtige raumplanerische Instrumente, um die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben.

Abbau, Deponie, Transporte (ADT)

Bautätigkeiten wie Wohnungs- oder Strassenbau benötigen Baurohstoffe und verursachen Bauabfälle. Jährlich werden durchschnittlich etwa 3 bis 4 Kubikmeter Kies pro Person gebraucht. Zwar gibt es im Kanton Bern genügende Kies-Vorkommen auch für die Bedürfnisse künftiger Generationen. Dem Abbau stehen aber oft andere Interessen wie z.B. Gewässerschutz, Walderhaltung, Landschaftsschutz oder Wohnnutzung entgegen. Zudem verursachen Kiesgruben und Deponien Lastwagentransporte.

Für politische Debatten sorgt der Deponieengpass für unverschmutzten Bodenaushub. Anlässlich der ADT-Controllingberichte 2017 und 2020 verabschiedete der Grosse Rat Planungserklärungen im Hinblick auf eine Stärkung des Vollzugs. Seit 2018 wurden die Analysen zu den Problemursachen, die Lösungsfindungen und die Zusammenarbeit unter den Verwaltungsstellen und mit den betroffenen privaten Akteuren vertieft.

Auf Initiative von Regierungsrätin Evi Allemann wurde 2019 die «Begleitgruppe ADT» als Koordinationsgremium zwischen dem Kantonalen Kies- und Betonverband KSE Bern, dem Amt für Abfall und Wasser (Bau- und Verkehrsdirektion) und dem Amt für Gemeinden und Raumordnung (DIJ) geschaffen. Die Begleitgruppe erarbeitet Empfehlungen und Lösungsvorschläge zu ADT-Fragen.

Kantonales Landschaftsentwicklungskonzept KLEK 2020

Der Kanton Bern zeichnet sich durch eine grosse landschaftliche und ökologische Vielfalt aus. Intakte Landschaften sind die Basis für eine gute Lebensqualität der Bevölkerung, Grundlage für wirtschaftliche Nutzungen (z.B. für den Tourismus) und erfüllen eine wichtige ökologische Funktion. Die Verantwortung für ihre Erhaltung und Entwicklung tragen Gemeinden, Regionen, Kanton und Bund gemeinsam. Die Landschaft wandelt sich stetig aufgrund natürlicher Prozesse und menschlicher Einflüsse. Das Kantonale Landschaftsentwicklungskonzept will diese Entwicklung gezielt und gesamtheitlich steuern. Schutz- und Nutzungsansprüche sollen aufeinander abgestimmt werden.

Mit dem KLEK 2020 will der Regierungsrat die Berner Landschaften in ihrer Schönheit, Vielfalt und Qualität erhalten und nachhaltig weiterentwickeln. Mit Klimawandel und Siedlungsentwicklung nach innen gewinnen kühle Aussenbereiche und naturnahe Lebensräume an Bedeutung.

Ausblick

Weiterführende Arbeiten im Kontaktgremium Planung

Der intensive Austausch zwischen Kanton und Gemeinden im Hinblick auf vereinfachte, speditivere Planungsverfahren wird weitergeführt. Es laufen Abklärungen mit dem Ziel, auch die Genehmigungs- und Beschwerdeverfahren zu beschleunigen. Die Umsetzung der bereits beschlossenen Massnahmen wird parallel dazu mit einem Monitoring begleitet und ausgewertet.

ADT-Controlling

Die 2018 begonnenen Arbeiten zur Umsetzung der Planungserklärungen zum ADT-Controllingbericht 2017, die der Grosse Rat mit Planungserklärungen zum ADT-Controllingbericht 2020 ergänzte, werden weiter vorangetrieben. Im Vordergrund stehen weitere Massnahmen zur Beseitigung des Deponieengpasses für unverschmutzten Bodenaushub, Abklärungen für geänderte Zuständigkeiten bei Nutzungsplanungen im Bereich ADT, weitere organisatorische Optimierungen im Bereich der Zusammenarbeit der Verwaltungsstellen sowie Massnahmen zur besseren Erfassung und Steuerung der ADT-bedingten Transporte.

Strategische Arbeitszone Ins-Zbangmatte und weitere SAZ realisieren

Die Strategie zur Schaffung von Strategischen Arbeitszonen wird aktualisiert, um zeitnah erste Standorte realisieren zu können. Die SAZ in Ins-Zbangmatte ist weit fortgeschritten, die Kantonale Überbauungsordnung steht 2022 zum Entscheid durch die DIJ-Direktorin an. An den Standorten Biel-Pieterlen, Langenthal-Thunstetten sowie Ostermundigen werden weitere SAZ-Projekte vorangetrieben. Damit können im Sinne der Wirtschaftsförderung potenziellen Investorinnen und Investoren attraktive und baureife Möglichkeiten angeboten werden.

Bauen ausserhalb Bauzone: mehr Spielraum auf Bundesebene erreichen

Im Kanton Bern liegen rund 22 Prozent der jährlichen Bauvorhaben ausserhalb der Bauzonen. Im langjährigen Durchschnitt betrifft dies rund 4'500 der insgesamt 20'000 Baugesuche. Mit etwa 25 Prozent aller schweizweit bestehenden Gebäude ausserhalb der Bauzonen ist der Kanton Bern besonders von den nationalen Regeln des Bauens ausserhalb der Bauzone betroffen. Das Bauen ausserhalb der Bauzone ist abschliessend bundesrechtlich geregelt. Beim Vollzug des Bundesrechts soll dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Trennung zwischen Bau- und Nichtbaugebiet Nachachtung verschafft werden. Gleichzeitig ist es wichtig, für die ländliche Bevölkerung den Handlungsspielraum für die wirtschaftliche Entwicklung vollumfänglich zu nutzen.

Die DIJ hat sich deshalb im Rahmen der seit mehreren Jahren auf Bundesebene verhandelten Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG2) stark für den «Planungs- und Kompensationsansatz» engagiert, der für den Kanton mehr Flexibilität bringen sollte. Auch hat sie sich für eine Lockerung des Artikels 24c Raumplanungsgesetz eingesetzt, der die Änderung von altrechtlichen Bauten regelt. Mit der 2020 von den Umweltverbänden eingereichten «Landschaftsinitiative» ist eine zusätzliche Dynamik entstanden. Der Initiative soll auf Bundesebene ein indirekter Gegenvorschlag gegenübergestellt werden. Die bisherigen Arbeiten zu RPG2 fliessen darin ein.

Da das Bauen ausserhalb der Bauzonen insbesondere im Berner Oberland mit seinen spezifischen Siedlungsstrukturen sowie den topographischen und regionalpolitischen Herausforderungen ein besonders umstrittenes Thema darstellt, lancierte die DIJ 2021 einen Dialogprozess. Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus dem Berner Oberland soll damit die Zusammenarbeit zwischen Kanton, Regionen, Gemeinden und privaten Bauherrschaften weiter optimiert werden.

Neue Geoinformationsstrategie des Kantons Bern 2020-2025

Datenbestände mit Raumbezug sind von grosser Bedeutung für die allgegenwärtige digitale Transformation. Viele Entscheidungen weisen einen Raumbezug auf. Einfach zugängliche und verlässliche Geoinformationen bieten einen Mehrwert für Bevölkerung und Wirtschaft und bereichern digitale Behördenportale.

2020 genehmigte der Regierungsrat die neue Geoinformationsstrategie. Sie knüpft nahtlos an die vom Regierungsrat verfolgte digitale Transformation an. Geoinformationen sollen noch einfacher und breiter genutzt und besser in öffentliche Dienstleistungen integriert werden. Die Vorteile der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien sollen genutzt und die Interaktion unter den Akteurinnen und Akteuren gefördert werden.

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