Der Gemeinderat der Stadt Bern hatte die städtische Volksinitiative für einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr in der Stadt Bern («Gratis-öV-Initiative») für ungültig erklärt, da sie gegen übergeordnetes Recht verstosse. Die Initiative sei nicht vereinbar mit dem Grundsatz, wonach die Kosten des öffentlichen Verkehrs zu einem angemessenen Teil durch die Nutzerinnen und Nutzer gedeckt werden müssen.
Die Beschwerdeführenden brachten insbesondere vor, Art. 81a Abs. 2 der Bundesverfassung (BV) beziehe sich nicht auf den kommunalen öffentlichen Verkehr, sondern nur auf den Bahnverkehr. Art. 81a Abs. 2 BV sieht vor, dass die Kosten des öffentlichen Verkehrs zu einem angemessenen Teil durch die von den Nutzerinnen und Nutzern bezahlten Preise gedeckt werden.
Die Regierungsstatthalterin prüfte die genannte Verfassungsbestimmung und kam gestützt auf die Botschaft zum Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur (FABI), sowie gestützt auf die Lehrmeinungen zum Schluss, dass der in Art. 81a Abs. 2 BV verwendete Begriff des öffentlichen Verkehrs sich auch auf die kommunalen öffentlichen Verkehrsmittel beziehe. Dabei stützt sie sich einerseits auf den Wortlaut der Bestimmung und andererseits namentlich auf das Rechtsgutachten von Prof. Felix Uhlmann vom 4. Februar 2022 zur Verfassungsmässigkeit von unentgeltlichem öffentlichen Verkehr, welcher ein entsprechendes Gutachten für das Bundesamt für Verkehr verfasst hat.
Aus den genannten Gründen hat die Regierungsstatthalterin die Beschwerde vom 31. Januar 2022 abgewiesen.
Notiz an die Redaktionen:
Auskünfte erteilt am 29. Juli 2022 zwischen 14.00 und 14.30 Uhr:
Ladina Kirchen, Regierungsstatthalterin, Tel. 031 635 94 00